10. Januar 2014 | pArtikel drucken | k1 Kommentar
Die Makers kommen

Klaus Weinmann zur „Revolution 3D-Druck“


Hier schreibt Klaus Weinmann. Der CANCOM-CEO & -Founder ist davon überzeugt, dass 3D-Druck nur der erste Schritt in die neue IT-Welt der Makers ist. Die New Balance-Schuhe im Bild oben sind übrigens gedruckt.

 

2012: James Bond „Skyfall“ erscheint in den Kinos, begeistert Bondfans und spielt 1,1 Milliarden Dollar ein. Was jedoch kaum jemand wusste war, dass James Bonds schöner Aston Martin aus den 60gern gedruckt war. Es wäre schlicht und einfach nicht möglich und deutlich zu teuer gewesen, den heute unbezahlbaren Fahrzeugtyp für einen Dreh zu verwenden, und so kam ein 3D-Drucker der bayrischen Firma Voxeljet zum Einsatz, der gleich vier originalgetreue Modellkarossieren für Bonds Stunts bereitstellte.

Bonds gedruckter Aston Martin.

Es hat sich inzwischen herumgesprochen: Der 3D-Druck und seine zahlreichen Möglichkeiten werden immer beliebter. Nur die Reife des Verfahrens ist vielen noch nicht bewusst. Industrien verändern bereits ihre Supply-Chains, um spezielle Einzelteile auf Bedarf zu drucken, und auch im Privatgebrauch gibt es immer mehr Beispiele, wie findige Menschen mit Hilfe des 3-Druckverfahren Gebrauchsgegenstände selbst herstellen und individualisieren.

Die Relevanz des 3D-Printing-Markts liest man auch an den Zahlen ab.  So werden in diesem Jahr laut Gartner erstmals weltweit über 50.000 3D-Drucker im Wert von unter 100.000 Euro über den Ladentisch gehen, was einem Wachstum von 49 Prozent gegenüber dem Vorjahr gleichkommt. Innovationen und entstehende neue Märkte werden das Geschäfts weiter ankurbeln, und so soll das Wachstum künftig noch stärker steigen, 2016 auf über 150 Prozent.

Als die derzeit wichtigsten Player am Markt werden immer wieder die Firmen Stratasys, 3D System und seit kurzer Zeit auch die erwähnte Firma Voxeljet genannt. Warum sind es nicht die großen Printerplayer, die den Markt beherrschen? Es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis die Branchengrößen wie HP, Brother und Canon, die hinter den Kulissen bereits kräftig ausfrüsten, ausprobieren und testen, ebenfalls Teil dieser Revolution sein und sich an die Spitze setzen werden. Und das wiederrum wird dazu führen, dass die durchschnittliche Preisklasse der Geräte, die in der Enterprise-Class nach wie vor im sechsstelligen Bereich liegt, dramatisch fallen und der Arm des Marktes sich immer stärker Richtung Mittelstand und Privatkonsum ausstrecken wird. Gartner zufolge ist es realistisch, dass bereits 2016 das erste Gerät zum Marktpreis von unter 2000 Dollar erscheint.

3D-Druck – Segen mit Fluch

Natürlich sind die Vorteile des Next Generation Druckes sehr vielfältig, alleine weil aus so vielen verschiedenen „Zutaten“ (etwa wie Harze, Metalle oder diverse Kunststofftypen) gedruckt werden kann und das wiederrum in beliebigen Größendimensionen (von Millimeterbruchteilen bishin zu mehreren Metern). Auch ist die präzise Ressourcenverwendung hervorzuheben: Dank des gezielten Drucks reduziert sich der Ausschuss überflüssigen Herstellungsmaterials enorm.

So brechen immer mehr Branchenzweige ihre herkömmlichen Produktionsketten auf, um die Vorteile der neuen Technik zu nutzen: sei es die Autoindustrie, die Baubranche, die Telekommunikation oder das Transportwesen, um nur einige zu nennen. Es sind bereits kleinste Spezialteile, die „mal eben gedruckt“, großes bewirken: Reparaturen und Wartung erhalten schnellere Zyklen, sodass Maschinen nicht wochenlang ausfallen, sondern innerhalb kürzester Zeit wieder einsatzbereit sind. Weiterhin spart 3D-Druck an vielen Stellen auch Arbeitszeit und Kosten, da die Produktion individueller oder schwer herzustellender Ersatzteile zügiger und gezielter stattfinden kann. Gerade, wenn nur wenige Stückzahlen produziert werden sollen, macht das Sinn: Boeing hat für den Jet des Typs F-18 bereits fast 100 Bauteile aus dem neuen Printing-Verfahren im Programm. Auch Airbus, GE, Ford und Siemens nutzen bereits 3D-Druck. Die unterschiedlichen Möglichkeiten und Anwendungsbereiche dieser neuen Technologie scheinen grenzenlos.

Um nur zwei weitere Beispiele zu nennen: Auch ein Zahnersatz lässt sich drucken. Die Füllung oder Krone innerhalb weniger Stunden aus dem Drucker soll in Zukunft Zeit, Geld und Schmerzen einsparen. Und dann wäre da noch die Kleidung, die sich auch schon drucken lässt: Der Weg zum selbst hergestellten Designerkleid ist nicht mehr so weit, wie viele denken – ohne Schneiderkenntnisse, ein paar Vorlagen (und natürlich der Zugang zu einem Drucker) reichen bereits.

Das F18-Flugzeug entählt ebenfalls gedruckte Bestandteile.

Offene Fragen: Selbstgedruckte Polizeimarken?

Es bleiben jedoch einige Fragen offen, denn die gewonnenen Möglichkeiten und die Gestaltungsfreiheit der Endprodukte bergen auch Risiken: Fakt ist, dass die virtuellen Druckpläne von Einzelteilen und Gegenständen oft via Open Source Code bereit stehen, und zudem oftmals Schutzssysteme, Kontrollinstanzen und Richtlinien zur Qualitätssicherung fehlen. Ein Beispiel: Bereits nach erstem Erscheinen von 3D-Druckern sind Druckpläne für druckbare Waffen im Internet aufgetaucht. Denkbar wären auch selbst herzustellende Polizeimarken oder ähnnliches. Auch stelle man sich vor, dass nacheifernde Firmen dank der neuen Freiheit in der Produktion, die 3D-Druck bieten, im großen Stile selbstgedruckte, günstige – und ungetestete – Ersatzteile für Gebrauchsgegenstände auf den Markt werfen, was natürlich unser aller Sicherheit oder, wenn man nicht ganz soweit gehen möchte, zumindest das hierzulande gewohnte Qualitätsnivau von Konsumgütern bedrohen kann.

Und nicht zuletzt steht das Patentrecht im Raum. Übertrieben gesagt: Wenn sich jedermann in Zukunft echt wirkende Markenklamotten selbst drucken und auch günstig an diese Druckpläne gelangen kann, wo verdienen da noch die Marken? Spannend wird es auch sein, den Markt für die Drucksubstanzen zu beobachten: Welche Inhaltsstoffe sich durchsetzen werden, ist bei jetzigem Stand noch nicht ersichtlich. Werden hier gänzlich neue Märkte mit ihren eigenen Knappheiten entstehen, die die klassischen Economies-Of-Scale der Produktion auch auf Zulieferseite auf den Kopf stellen werden?

Wir werden zu „Makern“

Es ist klar: 3D-Druck wird immer mehr zum Mainstream und bald schon in unsere Wohnzimmer gelangen. Wie die Realisierung im Einzelnen aussieht, wird die Zukunft zeigen. Firmen und Privathaushalte sind dank 3D-Druck in der Lage, kreativer und invidueller zu konsumieren und produzieren, als es jemals vorher der Fall gewesen ist. Dank 3-Druck werden wir zum eigenen Creative Designer, oder wie man in Palo Alto sagen würde: „Wir alle werden zu Makern“.

Hier schreibt Alexander Roth für Sie

Mehr Artikel vom Autor

Lesen Sie weiter auf CANCOM.info