Klaus Weinmann: „Wir sind lieber zu schnell…“
CANCOM im Wandel: Das Unternehmen bewegt sich in diesen Tagen so schnell und strategisch wie kaum ein namhafter IT-Dienstleister in Europa. Wir haben mit dem CEO ein exklusives Interview zum aktuellen Geschehen geführt. Und siehe da, es gibt auch Dinge, die den besonnenen Manager auf die Palme treiben.
Herr Weinmann, CANCOM hält mit Ihnen und weiteren prominenten Keynote-Speakern am 30. April in München in der BMW-Welt eine Cloud-Konferenz für Kunden ab. Erleben wir hier die neue CANCOM?
Wenn Sie darauf abzielen, dass wir uns in Deutschland stärker als Cloud-Spezialist positionieren wollen, dann gebe ich Ihnen ein klares „Ja“ als Antwort. Wir haben ein breites Spektrum vorzustellen: Neben unserer Private-Cloud-Plattform AHP steht nun auch das Portfolio von Pironet, das Lösungen aus einer standardisierten und gesharten IT Umgebung anbietet im Fokus. Wir ermöglichen es Kunden, alle in die Dienstleistungskette einer Cloud-Umgebung integrierten Systeme zusammengefasst aus einer Hand zu beziehen.
Sind denn die Lösungen, auch die der zugekauften Unternehmen, bereits alle integriert?

Trotz allen Wandels: „Wir behalten unser traditionelles Geschäft bei“: Klaus Weinmamn, CEO von CANCOM.
Wir befinden uns auf einem guten Wege. Beschleunigtes Geschäft erwarten wir natürlich erst in ein paar Monaten, aber erste Schritte sind gemacht. Ich verweise natürlich auf die Sonderrolle unseres Zukauf in den USA: HPM Networks wird erst einmal die CANCOM AHP bei sich selbst einführen, dann werden in einem zweiten Schritt Referenzkunden gesucht.
CANCOM, das Cloud-Unternehmen: Wie verhält es sich mit Ihrem traditionellen Geschäft als Integrator? Peilen Sie nur noch Kunden an, die in der von Ihnen so oft –im Zusammenhang mit der AHP – wiederholten Spanne von 500 bis 7.000 Seats liegen?
Hier gilt es natürlich, beide Bereiche, unser traditionelles und unser Cloud-Geschäft, getrennt zu betrachten und gleichzeitig den Transformationsprozess im Blick zu haben – den allgemeinen Marktwandel wie auch den Wandel bei CANCOM. Noch überwiegt unser „Legacy-Geschäft“ und wir schreiben hier auch gute Zahlen. Doch der Markt ändert sich, auch in Deutschland.
Wir treiben unseren Wandel bewusst schnell voran, schneller als den des Markts, und es ist auch nur noch eine Frage der Zeit, wann das Volumen unseres Cloudgeschäfts das traditionelle Geschäft überholt. Wann, können und wollen wir allerdings noch nicht sagen. Denn wir werden weiter alle Geschäftstätigkeiten eines Systemintegrators beibehalten. Zu der anvisierten Kundengröße möchte ich sagen, dass dank Pironet neue Zielgruppen dazugekommen sind. Auch können wir mit der AHP eine größere Klientel als die von Ihnen angesprochene anvisieren. Aber unser Fokus, gerade mit unserem standardisiertem Offering, liegt in dieser Größenspanne, das ist richtig.
Wie beobachten Sie Ihren Wettbewerb?
Wir unterscheiden uns vom anderen IT-Dienstleistern darin, dass wir nicht als die viel zitierten „Cloud-Broker“ auftreten, die im Cloud-Umfeld die Plattformen großer Anbieter „zusammensuchen“ und weiterreichen. Wir haben eine eigene Lösung im Angebot, die auf den Standard-Lösungen des Markts aufsetzt und sich als einzigartige Gesamtplattform darstellt. Wir sind hier führend in Europa.
Aus meiner Sicht konkurrieren übrigens auch die Systemhäuser im Cloud-Geschäft untereinander eher weniger, sie stehen eher im Wettbewerb zur Industrie, also zu den großen Brands, die zunehmendes Direktgeschäft betreiben, was ich übrigens auch nicht gut finde.
Wie sehen Sie den Trend im Markt, dass Unternehmen zunehmend ihre Desktops virtualisieren?
Da halte ich es einfach: „Virtualization ist just a part of cloud“. Die meisten Angebote im Markt in diesem Umfeld, etwa der virtuelle Desktop von Amazon, sind zu standardisiert, um mit unserer Private Desktop Cloud Lösung bei Mittelständlern in Wettbewerb zu stehen.
Wir sprechen die ganze Zeit von Wandel. Haben Sie Ihr Unternehmen selbst zu schnell transformiert?
Ich zitiere hier den Marktforscher IDC, der im Kontext zu den Softwareanbietern sagt: Wer zu schnell ins Cloudgeschäft transformiert, bekommt Cash Flow Probleme, weil die großen Umsatzschübe verloren gehen, wer dagegen zu langsam transformiert, stirbt. Da gehen wir als CANCOM lieber an die Grenze des zu-Schnell-Problems.
Womit Sie die Akquisitionen und den strategischen Wandel bei CANCOM rechtfertigt hätten. Wie sieht es mit der menschlichen Seite aus?
Auch hier kann ich ein Beispiel nennen. Ich lese gerade das empfehlenswerte Buch „The Second Machine Age“. Dort wird beispielsweise thematisiert, dass unser Bruttosozialprodukt überhaupt nicht ausdrückt, wie stark der digitale Wohlstand zugenommen hat. Als Beispiel beweist das der Blick auf die Musikindustrie: Wir können heute so bequem und individuell Musik konsumieren wie nie zuvor, während der Umsatz der Musikindustrie binnen 10 Jahren um 40 Prozent geschrumpft ist.
Die gesamte Musikbranche leidet durch die Digitalisierung, und klein ist die Anzahl der Gewinner, diese profitieren dafür umso mehr von der Veränderung. Wir müssen uns als CANCOM ebenfalls dem Wandel des Markts stellen. Darum werbe ich auch in meinem Unternehmen.

Das gefällt dem CEO: Die digitalen Infos des Tages in Echtzeit am Arm: Die Iphone-Uhr „Pebble“ (Bildquelle; Wikipedia).
Sie sind viel in den USA. Gibt es ein paar Trends, die Sie privat bewundern?
Ich bin großer Fan der „Pebble Watch“, der neuen Iphone-Uhr. Toll, wie diese Uhr im Zusammenspiel mit dem Iphone funktioniert. Am Arm über SMS, Anrufe und mehr informiert zu werden und hier auch zu interagieren, ist schon klasse. Ich habe das Gefühl, dass sich so eine Technik durchsetzen kann. Wir dürfen gespannt sein, was Apple diesbezüglich dieses Jahr noch vorstellen wird, das wird ein „großes Ding“
Gibt es auch ein paar Entwicklungen, die Sie gar nicht mögen?
Mir gefällt der Trend nicht, dass es in Deutschland immer so eine Zurückhaltung gibt, was technische Neuentwicklungen angeht. Die ist sehr oft komplett unbegründet und einfach nur mentalitätsbedingt. Das würde ich gerne ändern, wenn ich es könnte.