Die digitale Kluft zwischen Europa und Weltmarktführern wie China und den USA wird größer. Eine Studie des McKinsey Global Institute (MGI) bescheinigt den europäischen Staaten ein Defizit in KI-Technologien. Was muss Europa leisten, um in diesem Bereich aufzuholen?
22. Februar 2019
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Bild: © geralt/pixabay.com
Europa lässt weite Teile seines KI-Potenzials ungenutzt. Das geht aus einer aktuellen Studie des McKinsey Global Institute (MGI) hervor. Demnach können die europäischen Staaten ihre Wirtschaftsleistung – gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) – durch eine konsequente Fokussierung auf Künstliche Intelligenz (KI) bis 2030 um rund 2,7 Billionen Euro steigern.
Bei der Entwicklung und Verbreitung digitaler Technologien liegt Europa derzeit weit hinter den USA und China zurück. Um zu den Weltmarktführern aufzuschließen, muss die europäische Gemeinschaft ihre aktuellen Digital- und KI-Fähigkeiten weiterentwickeln und verbreiten, heißt es weiter. Das MGI, der volkswirtschaftliche Think Tank des Beraterhauses McKinsey, hat in der Studie untersucht, wie die Chancen Europas stehen, im Bereich KI zu den Vorreiternationen aufzuschließen und gleichzeitig neue Arbeitsplätze zu schaffen. Insgesamt hat das MGI weltweit über 20.000 Führungskräfte aus verschiedensten Branchen dazu befragt.
Das MGI fand bereits 2016 heraus, dass die europäischen Staaten lediglich zwölf Prozent ihres gesamten digitalen Potenzials nutzen – in den USA waren es ein Drittel mehr. Das Potenzial ist definiert nach dem branchenübergreifenden gewichteten Einsatz von digitalen Vermögenswerten und Ressourcen – gemessen am Sektor mit dem höchsten Digitalisierungsgrad. 2017 ist der Rückstand weiterhin bei rund 35 Prozent, wie die Studie zeigt. Zwar betrage das EU-BIP 90 Prozent von dem der USA und liege damit knapp vor der Wirtschaftsleistung Chinas. Doch beim digitalen Anteil des Umsatzes von Europas Informations- und Kommunikationstechnologie-Sektor (IKT) zeigen sich deutliche Unterschiede: Laut Studie beträgt der digitale Anteil in Deutschland nur 1,7 Prozent des BIPs, in China sind es 2,1 Prozent und in den USA gar 3,3 Prozent. Deutschland liegt mit 1,5 Prozent sogar unter dem europäischen Durchschnitt.
Trotz des Nachholbedarfs betonen die Autoren der Studie: Europa kann es schaffen, zu den führenden Nationen in Künstlicher Intelligenz zu gehören. Die Potenzialunterschiede seien aber im europäischen Ländervergleich sehr unterschiedlich. Die skandinavischen Länder hätten das größte Potenzial in der Einsatzfähigkeit von KI. Deutschland liege im globalen Mittelfeld.
Europa muss nach Ansicht des MGI alles Nötige tun, um KI-Startups zu unterstützen und den Kontinent zu einem der weltgrößten Standorte für Entwickler mit einem dichten Netz KI-basierter Innovationszentren auszubauen: “Es besteht die Gefahr, dass Europa noch weiter hinter die weltweiten KI-Vorreiter zurückfällt und es nicht schafft, diese wertvolle Quelle für eine neue wirtschaftliche Dynamik zu erschließen”, sagt Eckart Windhagen, Seniorpartner von McKinsey und Mitautor der Studie in der offiziellen Pressemitteilung. “Europa liegt bei der Verbreitung von künstlicher Intelligenz zurück, verfügt über zwar wachsende, aber immer noch begrenzte KI-Lieferketten sowie KI-Ökosysteme und leidet unter einem Mangel an den nötigen Fähigkeiten zur optimalen Nutzung dieser Technologien.”
Die Autoren der Studie haben fünf Punkte identifiziert, damit Europa die KI-Entwicklung beschleunigen kann.
Demgegenüber steht eine Studie der Initiative “European Information Technology Observatory” (kurz: EITO). Demnach wird der Markt für Künstliche Intelligenz in den kommenden vier Jahren von rund drei Milliarden Euro auf bis zu zehn Milliarden Euro ansteigen (CANCOM.info berichtete).
Verschiedene Förderungsmaßnahmen sind bereits beschlossene Sache. So gibt es neben den euopäischen Forderungsbündnissen ELLIS und CLAIRE auch das Strategiepapier der deutschen Bundesregierung zum Thema KI. Die “Strategie Künstliche Intelligenz” hat sich zum Ziel gesetzt, Deutschland als Forschungsstandort für KI zu stärken.