Die Pandemie hat die Digitalisierung an Schulen zwar vorangetrieben, rund läuft es in vielen Klassenräumen aber noch nicht (CANCOM.info berichtete). Der Lehrer Frajo Ligmann berät als Schulentwickler Kommunen und Schulleitungen zum Thema digitales Lernen und Lehren. Im Interview erklärt er, welche Voraussetzungen Schulen schaffen müssen – etwa in Bezug auf geeignete Endgeräte.
1. September 2022
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Lesedauer: ca. 4 Min.
Bild: © Apple
CANCOM.info: Herr Ligmann, Sie haben schon Schulen und Kommunen in ganz Deutschland beraten. Wie hat die Digitalisierung das Lernen und Lehren zuletzt verändert?
Frajo Ligmann: Im Lockdown ließ sich der Unterrichtsbetrieb fast nur über Internet-Plattformen und Videokonferenzsysteme aufrechterhalten. Damit wuchs die Bereitschaft der Lehrkräfte, digitale Medien und Endgeräte einzusetzen. Länder und Kommunen stellen seitdem mehr Geräte zur Verfügung. Zudem gehen viele Schulen nun erste Schritte in Richtung 1:1-Klassen, in denen jede Schülerin und jeder Schüler zum Lernen ein eigenes digitales Gerät hat, oder bieten Ausleihgeräte an. Daraus entsteht ein hoher Fortbildungsbedarf, um digitales Lehren und Lernen individuell und schüleraktivierend zu gestalten.
CANCOM.info: Welche Herausforderungen ergeben sich mit der Digitalisierung von Schulen?
Frajo Ligmann: Weil der Digitalisierungsprozess an Schulen sehr komplex ist, hakt es noch auf vielen Ebenen. Es fehlt bisher an nachhaltigen, praxisorientierten Fortbildungskonzepten für die Lehrkräfte – mit einem pädagogischen Tag und Eigeninitiative ist es nicht getan. Außerdem verstehen viele Beteiligte unter Digitalisierung nur die digitale Abbildung vorhandener Strukturen. Das ist aber nur ein kleiner Teil des notwendigen Change-Prozesses, um zeitgemäße Bildung zu gewährleisten.
CANCOM.info: Welche Baustellen gibt es noch?
Frajo Ligmann: Die technische Ausstattung entspricht oft nicht den Anforderungen. So führt etwa schwaches WLAN zu Verbindungsproblemen und damit zu Zeitverlust und Frustration bei Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern. Viele Schulen möchten durch von Lehrkräften auszuleihende iPad-Koffer vermeiden, allen ein Endgerät anzubieten. Diese Lösung ist aber aufwändig und das Sichern von Unterrichtsergebnissen oft nicht möglich.
CANCOM.info: Sie haben die häufig unzureichende technische Ausstattung an Schulen angesprochen. Welche technischen Faktoren sind für eine erfolgreiche Digitalisierung denn entscheidend?
Frajo Ligmann: Netzwerke müssen so geplant sein, dass der Durchsatz für 1:1-Klassen reicht. Außerdem sollten sich Lehrkräfte beim Einsatz digitaler Geräte aufs Kerngeschäft konzentrieren können. Die Voraussetzungen dafür wären etwa im Hintergrund laufende Sicherungsprotokolle, Mobile Device Managements zum unbürokratischen Verwalten der Endgeräte, einfache Tools zur Klassenraumsteuerung und eine nahtlose Einbindung in die Schul-IT.
CANCOM.info: Reden wir über Endgeräte: Warum eignet sich gerade das iPad für das digitale Lernen?
Frajo Ligmann: Wir haben in der Lehrerausbildung an 10 Studienseminaren in NRW intensiv Android-, Windows- und Apple-Geräte getestet. Das iPad hat sich als sinnvollste Alternative erwiesen: Es hat einen langlebigen Akku, ist leicht und kaum reparaturanfällig. Mit Mikrofon, Kamera und Stift können Lehrkräfte den Unterricht multimedial und schüleraktiv gestalten. Schülerinnen und Schüler können gemeinsam Erklärfilme, E-Books und Hörspiele erstellen und ihre mündlichen Kompetenzen stärken. Augmented Reality ermöglicht durch 3D neue Lernzugänge.
CANCOM.info: Was spricht noch für das iPad?
Frajo Ligmann: Die Supportkosten halten sich in Grenzen und es lässt sich einfach verwalten. Lehrkräfte können im Unterricht Ablenkung und Missbrauch der iPads unterbinden, indem zum Beispiel beim Betreten des Klassenraums alle privaten Apps automatisch ausgeblendet werden. Zudem unterstützen die integrierten Bedienungshilfen den disklusiven Unterricht.
CANCOM.info: Wie wichtig ist es für den digitalen Lernerfolg, dass alle Schülerinnen und Schüler ein iPad haben?
Frajo Ligmann: Zeitgemäße Bildung darf nicht vom Zufall abhängen, sondern muss allen Schülerinnen und Schülern ermöglicht werden. Darum halte ich es für unabdingbar, dass spätestens in der Sekundarstufe alle Schülerinnen und Schüler ein eigenes Gerät bekommen. Ausleihgeräte sind für Lehrkräfte mit organisatorischem Aufwand verbunden und eine nur gelegentliche Nutzung fördert keinen nachhaltigen Umgang mit digitalen Geräten. Bei Schulbüchern ist eine 1:1-Ausstattung ja auch selbstverständlich.
CANCOM.info: Dabei stellt sich die Frage der Finanzierbarkeit. Welche Möglichkeiten haben Schulen?
Frajo Ligmann: Es gibt unterschiedliche Modelle. An unserer Schule zahlen Eltern monatlich 10 bis 14 Euro, für einkommensschwache Familien gibt es Sonderlösungen. Die Eltern können über einen von der Schule generierten Webshop-Link die Wunschkonfiguration des Endgeräts selbst vornehmen. Beim Kommunalleasing werden gestellte iPads regelmäßig durch neue Geräte ersetzt. Angebote von Apple-Partnern wie CANCOM sind hier attraktiver als Neukäufe. Natürlich sind auch Mischformen wie Finanzierung, Miete sowie weitere Formen möglich.
CANCOM.info: Eine weitere Hürde zur erfolgreichen Digitalisierung ist das fehlende IT-Know-how…
Frajo Ligmann: Selbst ich als Informatiklehrer verliere bei komplexen Digitalisierungsprozessen den Überblick. Kommunen und Schulen sollten daher Fachleute von IT-Dienstleistern wie CANCOM mit ins Boot holen. In gemeinsam erarbeiteten Konzepten kann zum Beispiel geklärt werden, welche Aufgaben Lehrkräfte übernehmen können und welche an Experten ausgelagert werden.
CANCOM.info: Wenn Sie resümieren: Welche Aspekte sind für Schulen entscheidend, damit die Digitalisierung gelingt?
Frajo Ligmann: Im Kern steht eine pädagogische Vision, die durch motivierte Lehrkräfte, nachhaltige Fortbildungskonzepte und innovative Prüfungsformate verbindlich umgesetzt wird. Basis dafür sind eine funktionierende technische Infrastruktur und die 1:1-Ausstattung alle Schülerinnen und Schüler mit modernen Endgeräten.
Weitere Informationen rund um das digitale Lernen und Lehren mit geeigneten Devices wie dem iPad finden Sie hier.
Frajo Ligmann
Mathematik- und Informatiklehrer, Aachener Einhard-Gymnasium
Frajo Ligmann ist derzeit als Mathematik- und Informatiklehrer am Aachener Einhard-Gymnasium tätig. Zuvor war er mitverantwortlich dafür, dass das Gymnasium Würselen mehrfach für sein digitales Bildungskonzept ausgezeichnet wurde. Als Keynote-Speaker und Schulentwickler ist er deutschlandweit beratend in Sachen Digitalisierung an Schulen im Einsatz.