CANCOM-Experte Christian-Thomas Retinger im Interview
Sie sind inzwischen allgegenwärtig: Digital Signage-Systeme. Das betont Christian-Thomas Retinger (Senior Executive Consultant, Digital Media Solutions bei CANCOM). Der CANCOM-Experte beschäftigt sich täglich mit dem Thema Digital Signage – und hat zwei Bücher dazu geschrieben. Im Interview zeigt Christian-Thomas Retinger auf, wie Unternehmen von Digital Signage profitieren können, was sie bei der Einführung beachten müssen – und wieso Digital Signage weit über die IT-Beschaffung hinausgeht.
28. Januar 2025
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Lesedauer: ca. 7 Min.
Bild: © CANCOM
CANCOM.info: Immer mehr Unternehmen setzen Digital Signage ein oder planen, dies zu tun. Sie beschäftigen sich schon seit Jahren intensiv mit dem Thema – gerade ist auch Ihr aktuelles Buch „Digital Signage von A bis Z“ für den deutschen Markt erschienen. Wieso wird Digital Signage für Unternehmen immer relevanter?
Christian-Thomas Retinger: Digital Signage ist ein Kommunikationstool, um mit Mitarbeitern und Kunden effizient digital zu kommunizieren. Tatsächlich stellt es für Unternehmen ein universell einsetzbares Kommunikations- und Marketinginstrument dar. Denn Digital Signage-Systeme sind heute allgegenwärtig: Sie informieren uns beim Einkaufen über Aktionen, am Bahnhof oder Flughafen über Verspätungen, im Unternehmen über Sicherheitsvorschriften oder beim Arzt über die Gesundheitsvorsorge. Dabei spielt es keine Rolle, wo genau wir uns befinden: Wir nehmen die visuell aufbereiteten Inhalte sofort wahr.
CANCOM.info: Das heißt im Umkehrschluss: Wenn Unternehmen auf Digital Signage-Systeme setzen, haben sie gute Chancen, dass ihre Botschaften und Inhalte von den Mitarbeitern und Kunden auch wahrgenommen werden?
Christian-Thomas Retinger: So ist es. Digital Signage-Lösungen müssen dabei stets als Bestandteil einer gesamtheitlichen Kommunikationsstrategie für Mitarbeiter und Kunden betrachtet werden. Zudem bieten sich die Lösungen als Basis für eine tiefgreifende Digitalisierung im Unternehmen an: Häufig sind die Systeme ein wesentlicher Baustein vieler Digitalisierungslösungen. Dazu zählen unter anderem Medientechnik-Projekte wie die Implementierung digitaler Touchpoints, Verkehrsleitsysteme, Collaboration- und Smart-Building-Anwendungen sowie Frequenzmanagement-Lösungen.
CANCOM.info: Wie können Unternehmen nun konkret von Digital Signage-Lösungen profitieren? Das Thema effiziente Mitarbeiter- und Kundenkommunikation haben Sie ja bereits genannt.
Christian-Thomas Retinger: Das hängt in erster Linie davon ab, ob die Lösungen für interne oder externe Zwecke bestimmt sind. Zumal bei einer internen Zielsetzung, bei der Digital Signage besonders für die Mitarbeiterkommunikation eingesetzt wird, zwischen produzierenden und dienstleistungsorientierten Unternehmen sowie qualitativen und quantitativen Mehrwerten unterschieden werden muss.
CANCOM.info: Gibt es dennoch Mehrwerte, die grundsätzlich für Unternehmen gelten?
Christian-Thomas Retinger: Ja, prinzipiell können Firmen mit Digital Signage unter anderem ihre Just-in-Time-Kommunikation effizienter gestalten, die Produktivität steigern, mehr Umsatz generieren oder das Zugehörigkeitsgefühl der Mitarbeiter stärken. Es gibt eine Vielzahl von nationalen und internationalen Studien, die diese Mehrwerte quantifizieren und belegen. Tatsächlich kann jedes Unternehmen von Digital Signage profitieren – egal welcher Größe und Branche. Entscheidend sind die richtige strategische Planung und Umsetzung.
CANCOM.info: Sie haben nationale und internationale Studien erwähnt. Könnten Sie uns Beispiele dafür nennen?
Christian-Thomas Retinger: Ein Beispiel ist der aktuelle Branchenreport von framr: Dieser besagt unter anderem, dass sich 95 Prozent der Mitarbeiter besser an Informationen erinnern können, die über Digital Signage kommuniziert werden. Und eine Studie von M-Cube kommt zu dem Ergebnis, dass 91 Prozent aller befragten Einzelhandelsunternehmen, die in Digital Signage-Lösungen investiert haben, ein Umsatzplus verzeichnen.
CANCOM.info: Sie haben es bereits gesagt: Entscheidend für den erfolgreichen Einsatz von Digital Signage sind die richtige strategische Planung und Umsetzung. In Ihrem aktuellen Buch „Digital Signage von A bis Z“ schreiben Sie in diesem Kontext, dass Unternehmen das Thema als Digitalisierungsprojekt und nicht als reine IT-Anschaffung betrachten müssen. Was meinen Sie damit konkret?
Christian-Thomas Retinger: Sobald Digital Signage-Projekte umgesetzt werden, sind damit Veränderungen im Unternehmen verbunden. Es handelt sich um einen digitalen Transformationsprozess, der oft gewachsene Strukturen und Prozesse aufbricht und das Verhalten vieler Mitarbeiter beeinflusst. Häufig sind deshalb begleitende Change Management-Prozesse notwendig. Wer zum Beispiel mithilfe von Digital Signage-Lösungen digitale Touchpoints wie virtuelle digitale Produktberater einführt, muss davon ausgehen, dass ein Teil der Belegschaft diese Maßnahme nicht als Unterstützung, sondern als Bedrohung empfindet. Es ist entscheidend, diese Ängste zu zerstreuen und den Mehrwert für jeden Einzelnen nachvollziehbar zu erklären. Andernfalls ist der Erfolg des Projekts gefährdet. Das allein zeigt: Die Einführung von Digital Signage-Lösungen ist ein ganzheitliches Digitalisierungsprojekt mit vielen Facetten – also weit mehr als eine reine IT-Anschaffung.
„Jedes Unternehmen kann von Digital Signage profitieren – egal welcher Größe und Branche. Entscheidend sind die richtige strategische Planung und Umsetzung.“
CANCOM.info: In Ihrer Position stehen Sie im engen Kundenkontakt. Haben viele Kunden diese Tatsache bereits verinnerlicht? Also dass es sich bei Digital Signage um ein Digitalisierungsprojekt handelt? Oder gibt es hier noch Aufklärungsbedarf?
Christian-Thomas Retinger: Hier sehe ich noch großen Aufklärungsbedarf. In der Praxis ist eher das Gegenteil der Fall: Schätzungsweise 8 von 10 Unternehmen sehen Digital Signage als reine IT-Anschaffung und sind der Meinung, es könne problemlos, quasi nebenbei, betrieben werden. Entsprechend erlebe ich immer wieder eine große Überraschung bei den Kunden, wenn ihnen bewusst wird, wie vielschichtig und komplex ihre geplanten Digital Signage-Projekte wirklich sind.
CANCOM.info: Welche Aspekte müssen Firmen nun beachten, um Digital Signage-Projekte erfolgreich anzugehen?
Christian-Thomas Retinger: Das Wichtigste ist, dass Unternehmen von Anfang an die Frage beantworten können, warum sie Digital Signage einsetzen möchten. Welche Mehrwerte versprechen sie sich davon? Wer das eindeutig benennen kann, hat den entscheidenden Schritt für ein erfolgreiches Projekt bereits getan. Auf dieser Basis sollten Unternehmen dann die nächsten Schritte angehen – von der Planung, über die Konzeption bis hin zum Rollout und Betrieb der jeweiligen Digital Signage-Lösungen. Dabei ist es essenziell, den Faktor Zeit zu berücksichtigen. Auch wenn natürlich jedes Projekt seine Zeit braucht – so auch die Implementierung von Digital Signage – sollten Unternehmen vermeiden, dass das Projekt zu einer zähen und langwierigen Angelegenheit wird. Dazu müssen Firmen erstens einen klaren, ergebnisorientierten Zeitrahmen definieren. Zweitens sollten sie einen Projektleiter benennen, der die Gesamtverantwortung für das Projekt trägt – also für die Planung und Durchführung des Projekts im vorgegebenen Zeitrahmen – und ihn mit allen dafür notwendigen Kompetenzen ausstatten. Drittens ist es wichtig, alle betroffenen Fachabteilungen frühzeitig in das Projekt einzubinden – von der Geschäftsführung über die interne IT, das Marketing und die Sales-Abteilung bis hin zu Personal und Betriebsrat. Gerade letzteres war bei all meinen bisherigen Digital Signage-Projekten sehr hilfreich.
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